OP – Fachweiterbildung Klinikum Lippe Detmold
Praxisbericht
Hüftimplantation mit Hilfe von CASPAR
 Autor: Karsten Agel Brüderkrankenhaus St. Josef Paderborn
Mein Arbeitsplatz:
Das Brüderkrankenhaus St. Josef Paderborn, ein Krankenhaus der
Regelversorgung, mit 395 Betten und drei operativen Hauptabteilungen.
Während der gesamten Dauer der OP Fachweiterbildung ist Katharina
Luis die Praxisanleiterin für die Fortbildungsteilnehmer. Als OP Leitung, des Zentral – OP´s, ist sie für die Einteilung in die verschiedenen Fachbereiche und für die Einsatzzeiten verantwortlich. Einen
fortlaufenden Einsatz in den einzelnen Fachbereichen zu gewähren ist aufgrund der personellen und hausinternen Gegebenheiten, nicht immer zu realisieren. Wenn auch nicht am Stück, so werden doch die im
Ausbildungskatalog vorgesehenen Anforderungen über den gesamten Zeitraum der Fortbildung erfüllt.
Orthopädische Abteilung:
Chefarzt: Priv Doz Dr T. Siebel
leitender Oberarzt: Dr. U. Maschke
4 Assistenzärzte in der fachärztlichen Fortbildung
OP – Säle 1 OP an 4 Tagen in der Woche, ein
weiterer ist im Bau
Betten 50, verteilt auf 2 Stationen
Schwestern/Pfleger 2-3 pro Saal
Patienten ca. 4000 ambulante/ anno
Gesamtzahl der Operationen, 1200 aufgeteilt in:
Behandlungsspektrum der Abteilung: ( vereinfachte schematische Darstellung)
Schwerpunkte
1.Endoprothetik des Kniegelenkes 2.Endoprothetischer Ersatz des Hüftgelenkes 3.Schultergelenksarthroskopie
4.Kreuzbandplastik 5.Nucleotomien 6.Stabilisierende Wirbelsäulenoperationen
Schultergelenk:
Rotatorenmanschettenruptur Periarticuläre Verkalkungen Impingementsyndrom
Wirbelsäule: Stabilisierende Operation der Wirbelsäule (Fixateur intern)
Tumorausräumung der Wirbelsäule (Wirbelkörperersatz) Bandscheibenoperationen (Mikrotechnik)
Arthroskopien: Schulter:
subacromiale Dekompression Labrumrefixation
Knie Meniskusresektion
Meniskusnaht Knorpeltransplantation Kreuzbandplastiken
OSG Sprunggelenkarthroskopie
Ellenbogengelenk Ellenbogengelenkarthroskopie
Es ist 7.30h und wir befinden uns in einem Operationssaal im Brüderkrankenhaus in Paderborn.
Alle, - Pflegepersonal und Ärzte, sind voll konzentriert. Instrumente
und Geräte sind bereitgestellt und alle notwendigen Vorbereitungen werden getroffen. Jeder geht in Gedanken noch einmal den Ablauf der bevorstehenden OP und seine Aufgaben durch, um einen reibungslosen
Ablauf sicherzustellen. Auch wenn die Arbeiten längst für alle Routine sind, steigt die Anspannung.
Nur der Hauptakteur steht cool, ja fast teilnahmslos in einer Ecke
des OP`s. Das ganze emsige Treiben, die vielen Leute, die geschäftig ihre Arbeit vollbringen, die kühle, erfrischende Luft, die aus der Klimanlage strömt, der große, steril und kalt wirkende, hellerleuchtete
Raum,alles scheint ihn wenig zu beeindrucken. Erst nachdem wir uns um ihn kümmern und er alle wichtigen Patientendaten von uns bekommen hat, fängt er langsam an sich vorzubereiten.
Er reckt und streckt sich und bewegt seine Glieder, wie ein Sportler
vor einem großen Wettkampf. Dann wird der, in Narkose liegende Patient in den Saal gefahren und wird zum Mittelpunkt allen Tuns. Die letzten Vorbereitungen werden getroffen und alle helfen mit!
Alle - bis auf einen.
Das Operationsgebiet ist großflächig desinfiziert, mit sterilen Tüchern
abgedeckt und mittlerweile sind alle Beteiligten steril angezogen.
Die OP beginnt - Schnitt!!
Die Anspannung sinkt und planmäßig nimmt die OP ihren Lauf, nur
ein Operateur wartet noch geduldig auf seinen Einsatz. Dann ist es endlich so weit, ausgestattet mit nur einem Instrument greift er in die OP ein. Äußerst präzise und souverän verrichtet er seine Arbeit,
dabei läßt er sich durch fast nichts und niemanden aus der Ruhe bringen. Auch wenn er mittlerweile durch Fernsehen und Internet einen weltweiten Bekanntheitsgrad erreicht hat und sogar schon
von der Gesundheitsministerin persönlich besucht wurde, ist er noch nicht abgehoben. Sein Einsatz ist immer nur von kurzer Dauer, wenn seine Arbeit getan ist, zieht er sich bescheiden zurück und hält
sich bedeckt.
So auch heute. Die OP wird von den anderen Operateuren zu Ende gebracht. Alles hat gut geklappt.
Der Patient wird aus dem Saal gefahren und die Operateur gönnen sich
eine kurze Verschnaufpause bei einer schönen Tasse heißen Kaffee. Alle - bis auf einen, der steht wieder in seiner Ecke des OP Saals. Er ist wirklich ein ruhiger, genügsamer Operateur der meistens nicht
meckert:
DER CASPAR
Orthopädiesystem CASPAR (Computer Assisted Surgical Planning And Robotics)
CASPAR ermöglicht die Planung und Implantation von zementlosen Hüftendoprothesen
In der operativen Orthopädie gewinnen zunehmend computer- und
roboterunterstützte Operationstechniken an Bedeutung. Um eine maximale Präzision zu erreichen werden neben computergestützten Operationsverfahren auch zunehmend Roboter speziell im Rahmen
der Hüftendoprothetik eingesetzt.
Seit April 1998 wird das neue Operations- und Planungssystem CASPAR im klinischen Alltag verwendet.
Das Casparsystem ist vornehmlich in Deutschland vertreten,
allerdings etabliert sich die Roboter-OP-Technik zunehmend in europäischen Staaten und in Übersee.
Insgesamt werden in Deutschland ca. 130.000 Hüftprothesenimplantationen vorgenommen, wobei in der Regel das
Auffräsen des Prothesenstiellagers im Oberschenkelknochen bisher per Hand durch den Operateur vorgenommen wurde. In der Regel wird von einem Operateur im manuellen Verfahren ein
Knochenimplantatkontakt von ca. 40 % erzielt. Durch den Einsatz des CASPAR-Roboters wird nun eine höhere Präzision erreicht, wobei hier ein Knochenimplantatkontakt von ca. 95 % erreicht werden kann. Diese
hohe Paßgenauigkeit hat einen höheren Implantatknochenlagerkontakt zur Folge und ermöglicht damit ein besseres Einwachsen der Prothese
in den Oberschenkelknochen. Neben der höheren Primärstabilität verspricht man sich durch dieses Verfahren eine längere Standzeit (Überlebenszeit) des Implantates. Dies ist ein Verfahren, welches
besonders dem jüngeren Patienten", dem eine Prothese im Alter unter 70 Jahren implantiert wird, zugute kommen sollte.
1. Operationsplanung
Vor Erstellung eines Computer-Tomogrammms (CT) des Hüftpfannenbereiches und des Femurs werden dem Patienten 2
Referenzpins gesetzt (jeweils proximal am Trochanter major und distal im Kondylenbereich).
Diese Referenzpins dienen der intraoperativen Lage-erkennung des Femurs.
Aus den CT-Daten des Patienten wird ein dreidimensionales Modell von
Femur und Hüftpfannenbereich erstellt. Es wird als AP-, Lateral- und Transversalschnitt dargestellt. In den Schnitten sind Kortikalis und Spongiosa in unterschiedlichen Grauwerten zu erkennen.
Die Prothese wird über ein Menü aus einer Datenbank ausgewählt und
virtuell in das Femur eingesetzt. Der korrekte Sitz des Implantates wird zunächst optisch überprüft. Die Systementwicklung sieht vor, im Anschluß eine Analyse des Verbundes von Prothese und Femur nach der
Methode der finiten Elemente durchzuführen. Damit wird es möglich, das zu erwartende langfristige Operationsergebnis vorab zu bewerten An dem Bildschirm kann der Operateur die optimale Prothese auf 1 /l0
mm genau in das virtuelle Knochenmodell einpassen. Im Operationssaal wird dann die so geplante Fräsbahn von dem Operationsroboter optimal umgesetzt.
Nach abschließender Beurteilung durch den Orthopäden ist die
Planungsphase abgeschlossen. Aus den gewonnenen Daten wird die individuelle Fräsbahn berechnet.
2 Operationsdurchführung
Die Präparation des Acetabulums und die Resektion des Femurkopfes
erfolgt konventionell. Anschließend werden die Referenzpins zur Lageerkennung des Femurs lokalisiert. Das geschieht durch Führen des Roboters an die Referenzpunkte. Danach fährt der Roboter die
berechnete Fräsbahn ab; das Femur wird dabei mit einer preßluftgetriebenen Fräse ausgehöhlt. Dies geschieht mit einer Formgenauigkeit von besser als 0,2 rnm und einer Lagegenauigkeit
besser als 0,5mm. Nachdem der Schaftraum im Femur präpariert ist, setzt der Orthopäde den Prothesenschaft ein und beendet die Operation wie gewohnt. Das System besteht im wesentlichen aus dem
Roboter der Fa. Stäubli und dem Fräswerkzeug der Firma Midas Rex. Der Roboter ist ein kleines, kompaktes Modell der Baureihe R.X, das insbesondere in Reinsträumen zur Chipfertigung eingesetzt wird.
Montiert auf dem Fahrgestell eines Operationstisches der Firma Maquet wird das gesamte System leicht beweglich und problemlos in verschiedenen Operationssälen einsetzbar. Die Frästurbine ist mit
etwa 7 bar pressluft betrieben und benötigt keine weiteren Medien zum Antrieb.
3. EDV - Hard - und Software
Die komplette Software zur Steuerung des Systems inklusiv der
Operationsplanung basiert auf moderner Personal-Computer- Technik
Zum Nachdenken
Fünf Jahre ist es her, dass ein Roboter in Deutschland die erste
Hüftoperation absolviert hat. Aber noch immer fehlen gesetzliche Regelungen für den Einsatz der Maschinen. Experten warnen vor den Folgen von Kunstfehlern eines Robo-Docs.
Keine Norm schreibt vor, welche Voraussetzungen für einen maschinell
unterstützten Eingriff vorliegen müssen oder welche technische Leistungen ein Roboter erfüllen muss.
Der operative Eingriff durch einen Mediziner ist juristisch durch die
Zustimmung des Patienten abgesichert. Anders ist es bei den Maschinen-Medizineren. Die aufwendige technische Absicherung der Roboter gegen Fehlfunktionen ist bislang einzig eine "moralische Leistung" der
Ingenieure. Zwar arbeiten die Roboter, die bei Hüftoperationen - vom Operateur gesteuert werden - besonders zuverlässig und ihre Bohrungen sind präzise.
Aber - was ist wenn............????
Sicherlich bleiben wir von Horrorszenarien, wie wir sie aus einigen
Sciencefictionfilmen kennen verschont, dennoch muß darauf geachtet werden, dass auch bei der so rasanten Entwicklung in der Medizin, wie wir sie in den
letzten Jahrzehnten erlebt haben, immer der Mensch im Mittelpunkt allen Tuns steht und auch immer stehen muß.
Autor: Karsten Agel Brüderkrankenhaus St. Josef Paderborn E-Mail: kaagel@gmx.de
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